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Informieren statt verbieten: IGeL-Ultraschall-Bewertung vom Patientenbeauftragten Stefan Schwartze

Informierte Patientinnen treffen bessere Entscheidungen – Verbotskultur vermeiden. Der Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF) hat sich zum Ziel gesetzt, evidenzbasierte Informationen zur Frauengesundheit zu verbreiten und gleichzeitig die wertvolle Arbeit von Frauenärztinnen und Frauenärzten für die Versorgung von Mädchen und Frauen in jeder Lebensphase in den Vordergrund zu stellen. Dabei vertritt der BVF die Auffassung, dass informierte Patientinnen bessere Entscheidungen treffen und eine Verbotsempfehlung hinsichtlich der Ultraschall-IGeL wie in der aktuellen Aussage von Stefan Schwartze angekündigt, einen Rückschritt für die Selbstbestimmung der Frau und auch einen Rückschritt für die Frauengesundheit bedeuten.

Zur Richtigstellung der abwertenden Aussage: Keine alleinige Früherkennung von Eierstockkrebs
Frauenärztinnen und -ärzte bieten keinen eingeschränkten „Ultraschall der Eierstöcke zur Früherkennung von Krebs“ an. Die benannte Selbstzahler-Leistung ist eine umfassende Ultraschall-Untersuchung des „kleinen Beckens“. Diese schließt die Gebärmutter, Eileiter, Eierstöcke, Harnblase und die Zwischenräume zwischen Harnblase, Vagina und Darm bis zum Beckenboden ein.
Dieser transvaginale Ultraschall, bei dem die Situation im gesamten kleinen Becken untersucht wird, wird ebenso wie auch der Ultraschall der Brust von den gesetzlichen Krankenkassen nur dann bezahlt, wenn ein konkreter Krankheitsverdacht besteht – also etwa Symptome oder insbesondere ein auffälliger Tastbefund vorhanden sind. Frauenärztinnen und -ärzte können diese Leistung ohne konkreten Krankheitsverdacht nur als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) zur Verfügung stellen.
Vorteilhaft ist dieser Ultraschall z.B. als Komplementierung der regulären gynäkologischen Untersuchung – und dann auch über die Tastuntersuchung hinaus – insbesondere bei Frauen, bei denen eine Tastuntersuchung aufgrund körperlicher Disposition schwierig ist. Also bei übergewichtigen Mädchen und Frauen und bei solchen, bei denen durch die Anspannung der Bauchdecke kein eindeutiger Tastbefund möglich ist.
Wie bei allen medizinischen Befunderhebungen, kann eine Diagnose zu Beunruhigung führen, selbst wenn sie in der Folge keinerlei Konsequenz hat. Von großer Bedeutung in dieser Situation ist die frauenärztliche Einschätzung des Befundes und die anschließende Aufklärung und Beratung der Patientin. Immer ist eine individuelle ärztliche Betrachtung wichtig, auch um Fehldeutungen und -einschätzungen von Patientinnen – z.B. aufgrund unqualifizierter Informationen aus dem Internet – zu vermeiden. Im Ultraschall können sich eine Vielzahl von Erkrankungen zeigen, wie etwa Myome, Endometriose, Zysten oder Flüssigkeitsansammlungen. Man kann mit dieser Untersuchung auch Veränderungen entdecken, die noch keine Symptome verursachen und auch einem Tastbefund gar nicht zugänglich wären. Eine Behandlung orientiert sich dann an individuellen Faktoren wie u.a. Beschwerden, der Einschätzung des Komplikations- und auch Entartungsrisikos und dem weiteren Verlauf.
Die generelle Behauptung, ein Ultraschall würde unnütze Operationen nach sich ziehen, ist falsch, da vor einer solchen im Krankenhaus zunächst – ebenfalls per Ultraschall und gegebenenfalls weiterer bildgebender Verfahren – die OP-Indikation überprüft wird; es gilt also das 4-Augen-Prinzip.


Anstatt Verbotskultur: Informiertheit und Selbstbestimmung der Patientin fördern
Anstatt Patientinnen zu suggerieren, einzelne Untersuchungen hätten keinen konkreten Nutzen und würden mehr Schaden als Nutzen anrichten, sollte die Informiertheit der Patientin und deren Selbstbestimmung gefördert werden. Die Bundesärztekammer und die kassenärztliche Bundesvereinigung haben einen offiziellen und klaren Leitfaden zu Selbstzahler-Leistungen in einer gemeinsamen Fassung für Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte herausgegeben (1). Seit Jahren bietet dieser Leitfaden eine sehr gute Grundlage, um über Selbstzahler-Leistungen aufzuklären, Missverständnisse zu vermeiden und entsprechend zu beraten.


Dr. Klaus Doubek, Präsident des BVF ergänzt: „Gleichzeitig ist die bei der Untersuchung mögliche Visualisierung der Anatomie für die Patientin aus der Erfahrung der täglichen Berufspraxis ein Benefit: Sehen und Verstehen.“


Fazit: Differenzierungen notwendig
Ungeachtet der Tatsache, dass der vaginale Ultraschall nicht zur Früherkennung des Ovarialkarzinoms im Rahmen eines generellen Screenings – also außerhalb eines Risikokollektivs – geeignet ist, visualisiert diese Untersuchungsmethode gut das gesamte kleine Becken. Differenziert eingesetzt ist der vaginale Ultraschall ein sehr wichtiges Kriterium in der gynäkologischen Befunderhebung.
Auch die Behauptung des Patientenbeauftragten, dass gynäkologische Fachgesellschaften die Ultraschalluntersuchung der Gebärmutter und der Eierstöcke ablehnen ist, ist unzutreffend.
Der Berufsverband der Frauenärzte, die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, sowie die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin informieren umfassend und richtig über Sinn und Zweck des Ultraschalls der Gebärmutter, Eileiter, Eierstöcke, Harnblase und der Zwischenräume im gesamten kleinen Becken.
Die transvaginale Sonografie des kleinen Beckens ist als komplementierende Erweiterung der gynäkologischen Routineuntersuchung zu bezeichnen (2). Es findet sich zunehmend auch Evidenz für die herausragenden Möglichkeiten der Endometriose-Diagnostik mittels Ultraschalles (3).

Quellen:
(1) https://www.patienten-information.de/checklisten/igel-checkliste
(2) https://www.degum.de/die-gesellschaft/degum-news/im-detail/news/stellungnahme-degum-zur-transvaginalen-sonografie-der-eierstoecke.html
(3) https://link.springer.com/article/10.1007/s00404-022-06766-z