Pressemitteilung |

Gehsteigbelästigungen bei Schwangerschaftsabbruch: Größtmöglichen Schutz für alle Beteiligten garantieren

Erster Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen des Schwangerschaftsabbruchs: Diesen Freitag entscheidet der Bundestag über die Sanktionen gegen Gehsteigbelästigungen im Rahmen des „Zweites Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes“. Der BVF begrüßt die vorgeschlagenen Sanktionen. Damit wird dem Schutz der Patientinnen, des Personals und der Ärztinnen und Ärzte ein höherer Stellenwert zugeschrieben. Viele der rund 15.000 Mitglieder des BVF berichten immer wieder über Anfeindungen digitaler und analoger Art. Daher befürchtet der Verband, dass die nun angedachten Sanktionen nicht ausreichen werden. Der Grund: Die Debatte zum Thema Schwangerschaftsabbruch polarisiert die Gesellschaft zunehmend, die Positionen verhärten sich, Fakten treten in den Hintergrund.

Schutz von Beteiligten verbessern: Patientinnen, Ärzteschaft und Personal

Fakt ist: Patientinnen, die sich zu einem Schwangerschaftsabbruch entscheiden und eine Beratungsstelle oder eine Praxis aufsuchen, müssen vor Anfeindungen und Drohungen beschützt werden. Gleichzeitig müssen Frauenärztinnen und Frauenärzte sowie Angestellte von Praxen vor Übergriffen jeglicher Form der Gewalt geschützt werden.[1] Erfahrungsberichte aus den Reihen der rund 15.000 Mitglieder des BVF zeigen, dass insbesondere Arztpraxen nicht nur von Gehsteigbelästigungen, sondern auch von massiven digitalen Belästigungen betroffen sind. Die perpetuierende Meinungsäußerung von Lebensschützern finden nicht nur auf dem Gehsteig, sondern auch per Brief, E-Mail und Anzeige statt. Die Folge: Verunsicherte Patientinnen, angespannte Arbeitsatmosphäre, häufige Personalwechsel und manchmal auch der Entschluss, Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr anzubieten oder zumindest nicht publik zu machen. Am Ende bleiben nicht nur die negativen Auswirkungen für den Praxisbetrieb, sondern auch eine massive Verschlechterung der medizinischen Versorgungssituation.

Weitergehende Schutzmaßnahmen sinnvoll: Daten fehlen

Die Kritik des BVF: Die im Gesetzesentwurf vorgeschlagenen Maßnahmen werden nicht alle Aktionen der sogenannten Lebensschützer umfassen. Dr. Klaus Doubek, Präsident des BVF, ergänzt:

Falls die Sanktionen gegen die Gehsteigbelästigungen kommen, wird es sich zeigen, inwieweit sich damit die Versorgungssituation ungewollt Schwangerer verbessern wird – notwendig hierfür wäre auch eine detailliertere Datenerfassung und Statistik.

Der Präsident des BVF weist richtigerweise auf eine fragile und vorläufige Datenbasis gerade zur Versorgungssituation in Deutschland hin. Der BVF befürwortet daher auch die Änderung der Vorgaben zur Bundesstatistik, um einen besseren Überblick über die regionale Verteilung der Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, zu ermöglichen. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass darüber keine Identifizierung einzelner Praxen in der Öffentlichkeit möglich ist.

Professionelle Versorgung beim Schwangerschaftsabbruch garantieren

Der BVF strebt zusammen mit seinen Mitgliedern eine ganzheitliche, professionelle Gesundheitsversorgung an: vor, während und nach gewollten oder ungewollten Schwangerschaften. Die Sanktionen gegen Gehsteigbelästigungen sind ein erster kleiner Schritt in diese Richtung. Derzeitige aktuelle Forderungen für Sanktionierungen der Ärzteschaft sind hingegen der falsche Weg, um eine professionelle frauenspezifische Gesundheitsversorgung zukünftig zu garantieren.

Notwendig sind weitere Maßnahmen, um ungewollt Schwangere, aber auch bestmöglich Frauenärztinnen und Frauenärzte bei der freiheitlichen Ausübung ihrer Profession zu unterstützen. Ärztinnen und Ärzte müssen sich auf Basis einer persönlichen Gewissensentscheidung frei entscheiden, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Außerhalb der bestehenden besonderen Konstellationen dürfen Ärzte daher grundsätzlich nicht gezwungen werden Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen oder daran mitzuwirken.

Der BVF hält es für wichtig die verbindliche und gleichzeitig ergebnisoffene Beratungsregelung beizubehalten. Insbesondere um vulnerable Gruppen[2] zu erreichen.

Zudem ist die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen im Interesse einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung der Patientinnen an die Facharztqualifikation ‚Frauenheilkunde und Geburtshilfe‘ zu binden.

So Dr. Klaus Doubek weiter.

In der gesamten Diskussion um den Schwangerschaftsabbruch plädiert der BVF für eine sachliche und respektvolle Diskussion, um eine faire Lösung für alle Beteiligten zu finden: Rechte der selbstbestimmten Reproduktion, Rechte des ungeborenen Lebens, aber auch die Rechte der Frauenärztinnen und Frauenärzte.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass für eine Akzeptanz der Reform zwingend auch der Einbezug und die Beteiligung der Fachärzteschaft notwendig ist.[3]

 

Quellen

[1]  https://www.bvf.de/aktuelles/pressemitteilungen/meldung/frauenaerzte-fordern-bessere-strukturen-zur-beurteilung-und-praevention-von-gewalt-gegen-medizinisches-personal/

[2]  https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/lagebild-haeusliche-gewalt-2201488

[3]  https://www.bvf.de/aktuelles/gbcog-mitteilungen/meldung/stellungnahme-zum-schwangerschaftsabbruch-in-deutschland-die-wuerde-aller-beteiligten-achten/