Pressemitteilung |

Frauenärzte fordern bessere Strukturen zur Beurteilung und Prävention von Gewalt gegen medizinisches Personal

Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie andere Arztgruppen und Gesundheitsberufe werden bei ihrer Berufsausübung mit verbaler und körperlicher Gewalt durch Patientinnen und Patienten aber auch Angehörige konfrontiert. Frauenärztliche Praxen, die sich an der Versorgung von Schwangerschaftsabbrüchen beteiligen, müssen im Speziellen mit Anfeindung und Bedrohung durch Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen rechnen. Zur genauen Situation von Bedrängung und Gewalt im medizinischen Sektor fehlen jedoch aussagekräftige Zahlen, eine adäquate Bewertung der tatsächlichen Gefährdung ist kaum möglich. Vorhandene Datenlücken bei gleichzeitig verstärktem subjektivem Erleben der Zunahme von Gewalt, fördern Unsicherheit und Ängste unter medizinischen Berufsgruppen. Als ein betroffenes Fachgebiet, fordert der Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF) strukturelle Maßnahmen, die Aussagen zum Ausmaß der Bedrohung erlauben sowie konkrete Möglichkeiten zur Abwendung von Gefährdungssituationen.

Für medizinische Gesundheitsberufe ist ein Klima der Bedrohung durch eine scheinbar wachsende Gewaltbereitschaft spürbar – sei es durch Schilderungen aus dem Kollegenkreis, durch mediale Berichterstattung zu einzelnen Ereignissen oder auch Befragungen, wie die des "Ärztemonitor 2018". Insgesamt fehlen jedoch aufschlussreiche Daten, die eine Einschätzung der Präsenz und der Entwicklung von Gewalt gegenüber Versorgenden ermöglichen. Nur vereinzelt nehmen Landesärztekammern Erhebungen zu solchen Gewaltereignissen vor (z.B. Hessen, Niedersachsen). Dem Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF) ist es ein Anliegen, Ärztinnen und Ärzten in der alltäglichen Versorgung, stärker bei der Gefährdungsbeurteilung von Gewalt zu unterstützen. „Wir fordern mehr Maßnahmen zur Risikoeinschätzung und damit zu Gewährleistung von Sicherheit bei unserer alltäglichen Arbeit. Die Einführung von bundesweiten Meldesystemen zu Gewaltereignissen gegen medizinisches Personal muss als eine notwendige Maßnahme zur Beurteilung und Prävention von Gewalt umgesetzt werden“, betont Dr. Klaus Doubek, Präsident des Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF).

Situationen mit unterschiedlichen Gewaltformen im Fachgebiet

Im Fachgebiet der Gynäkologie und Geburtshilfe gibt es spezielle Situationen, in denen ein erhöhtes Risiko für aggressives Verhalten bekannt ist – bei Patientinnen sowie auch (männlichen) Angehörigen, die Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Schicksals von geliebten Menschen haben können. In Zeiten hormoneller Veränderungen, während der Schwangerschaft und vor allem im Wochenbett treten verschiedene psychische Störungen oder Erkrankungen bei vulnerablen Frauen deutlich häufiger auf. Allgemein sind Frauen in ihrer Lebensspanne stärker als Männer körperlichen Veränderungen unterworfen, die mit psychischen Belastungen einhergehen.
Im Besonderen müssen Ärztinnen und Ärzte sowie medizinisches Personal, dass an der Versorgung von Schwangerschaftsabbrüchen beteiligt ist, mit Gewaltkonfrontation durch Abtreibungsgegner rechnen. Gewalt hat dabei grundsächlich viele Gesichter – neben physischer Ausprägung sind auch Bedrohungen, Beschimpfungen Formen von Gewalt, ebenso wie Diffamierung, Belästigung oder Bedrängung, die heutzutage ebenso über digitalen Weg (auch gegenüber Angehörigen) erfolgen können.

Mehr Sicherheit für Versorgende und Versorgung wichtig

Spezielle Konstellation, die mit einem erhöhten Gewaltpotential einhergehen, sind auch in Bereichen anderer Fachgruppen bekannt. Um eine mögliche Zunahme von Gewalt gegen medizinisches Personal besser beurteilen zu können, ist ein funktionierendes Monitoring notwendig. „Für das frauenärztliche Fachgebiet könnte es künftig besonders wichtig sein, eine Zunahme von Gewalt besser beurteilen zu können. Frauenärztinnen und Frauenärzte sind die Versorgenden bei der Bewältigung von Schwangerschaftsabbrüchen. Von einer neuerlichen Diskussion zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs-Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches könnten frauenärztliche Praxen und ihr gesamtes Personal überproportional betroffen sein“, meint Dr. Doubek.

Für die Zukunft des Fachgebietes der Frauenheilkunde ist wichtig, die Arbeitsbedingungen für alle Beteiligten so zu gestalten, dass Berufstätige weiterhin in dem Fachgebiet arbeiten möchten und dabei keine diffuse Gefährdung verspüren. Chancen zur Gewaltprävention bestehen auch in einer höheren Wertschätzung der medizinischen Versorgungstätigkeit beim Schwangerschaftsabbruch, die als elementarer Bestandteil der Grundversorgung betrachtet werden muss, ebenso, wie in einer gesellschaftliche Ächtung jeglicher Gewalt gegen Ärzte oder anderes Gesundheitspersonal.

Quellen und weitere Informationen: