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FAQ Zytomegalievirus-(CMV)-Infektion

Das humane Zytomegalievirus (CMV) ist der häufigste virale Erreger kongenitaler Infektionen und kann in der Schwangerschaft ernsthafte Folgen für das ungeborene Kind haben, wie Hörschäden oder Entwicklungsverzögerungen. Das FAQ bietet Informationen zur Verbreitung von CMV, den Risiken einer Infektion während der Schwangerschaft und den gesetzlichen Vorgaben der Mutterschaftsrichtlinie. Präventionsmaßnahmen, diagnostische Möglichkeiten und aktuelle wissenschaftliche Entwicklungen werden kurz thematisiert, gleichwie zukünftige Leitlinien, die derzeit in der Fachwelt diskutiert werden.

Was ist das Humane Zytomegalievirus (CMV)?

Das CMV gehört zu der Familie der Herpesviren (Humanes Herpesvirus 5, HHV 5) und ist weltweit verbreitet. Das Zytomegalievirus kann von infizierten Individuen in Urin, Speichel und Genitalsekret ausgeschieden und durch Schmier- oder Tröpfcheninfektion übertragen werden. Wie alle Herpesviren verbleibt das Virus nach der Erstinfektion lebenslang im Körper und kann unter bestimmten Umständen wieder aktiviert werden (Reaktivierung). Auch eine Wiederinfektion (Reinfektion) ist möglich. Die Erstinfektion verläuft in den meisten Fällen unbemerkt. Eine klinische Bedeutung hat die CMV-Infektion vor allem in der Schwangerschaft und bei Menschen mit eingeschränkter Immunabwehr, zum Beispiel nach Transplantationen, bei Tumorerkrankungen oder AIDS.

Weitere Informationen: RKI-Ratgeber Zytomegalievirus-Infektion

 

Welche Rolle spielt das Humane Zytomegalievirus (CMV) in der Schwangerschaft?

Das Zytomegalievirus gilt als häufigster viraler Erreger einer kongenitalen Infektion – also einer Infektion, die während der Schwangerschaft von der Mutter auf den Fetus übertragen wird. Die überwiegende Mehrheit der im Mutterleib infizierten Kinder ist bei Geburt gesund. Dennoch treten bei jedem zehnten dieser Kinder später CMV-bedingte Schäden auf: hauptsächlich Hörschädigungen, gelegentlich auch Entwicklungsverzögerungen (meist milde). Bei kongenital infizierten Kindern sollte das Gehör regelmäßig kontrolliert werden. Dadurch kann eine eventuell verzögert (bis zum Schulalter) auftretende Hörstörung frühzeitig erkannt und das Kind gezielt gefördert werden. 

 

Gibt es Zahlen zur Verbreitung/Prävalenz von CMV in Deutschland?

Genaue Zahlen zur Prävalenz von CMV in Deutschland liegen nicht vor, allerdings haben Untersuchungen von Blutspenderinnen und Blutspendern eine Seroprävalenz (Häufigkeit von Antikörpern im Blut, die auf eine bestehende oder durchgemachte Infektion hinweisen) von ca. 50 % ergeben.

In Deutschland besteht keine Meldepflicht für kongenitale CMV-Infektionen, die CMV-Diagnostik ist auch nicht Bestandteil der in der Mutterschaftsrichtlinie vorgesehenen Untersuchungen in der Schwangerschaft. Daher kann man ihre Häufigkeit bei Schwangeren nur schätzen: Etwa 0,5–1,5 % der Schwangeren zeigen während der Schwangerschaft eine CMV-IgG-Serokonversion (1).

 

Welche Maßnahmen zur Prävention und zum Umgang mit Zytomegalievirus-(CMV)-Infektion sind Teil der Mutterschaftsrichtlinie bzw. Teil der vorgeburtlichen Untersuchungen, die gesetzlich krankenversicherte Frauen beanspruchen können?

Die Mutterschaftsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses dient als untergesetzliche Normierung u.a. dazu, die inhaltlichen Aspekte der ärztlichen Beratung, Diagnostik und Behandlung von Schwangeren dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechend abzubilden. Für Frauenärztinnen und Frauenärzte enthält diese Richtlinie strukturierte Vorgaben ­ insbesondere den Umfang und Zeitpunkt der Leistungen und die Dokumentation im sogenannten Mutterpass nach ausführlicher Beratung und Bewertung der vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse – für eine qualifiziert hochwertige Schwangerenvorsorge. Mit der Richtlinie wird gleichzeitig festgelegt, welche vorgeburtlichen Standard- bzw. Routineuntersuchungen und Beratungen gesetzlich krankenversicherte Frauen beanspruchen können.

Bislang ist CMV in der Mutterschaftsrichtlinie (Mu-RL) bei begründetem Erkrankungsverdacht genauso wie andere potenzielle Infektionserkrankungen erfasst (Mu-RL: § 1 Allgemeine Grundsätze / (7) 3. Serologische Untersuchungen).

Sofern kein klinischer Hinweis oder eine Risikokonstellation auf eine CMV-Infektion besteht, ist die Untersuchungsmöglichkeit nicht Bestandteil der Untersuchungen, die krankenversicherte Frauen routinemäßig beanspruchen können. Zusätzliche medizinische Untersuchungen können bei Schwangeren mit besonderen Risiken sowie zur Abklärung auffälliger Befunde in Frage kommen.

Serologische Untersuchungen zur Abklärung des Infektions-/ Immunstatus bezüglich weiterer schwangerschaftsrelevanter Erreger, die nicht Bestandteil der MU-RL sind, können ohne begründeten Verdacht nur als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) angeboten werden.

Zum Schutz vor maternaler Infektionen haben arbeitsmedizinisch relevante Maßnahmen Eingang in das Mutterschutzgesetz und die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz gefunden. Nach entsprechender Gefährdungsbeurteilung besteht für sie ein Beschäftigungsverbot bei Umgang mit Kindern unter 3 Jahren. Die Gefährdungsbeurteilung, Umsetzung der Schutzmaßnahmen und die dafür erforderlichen Untersuchungen liegen in der Verantwortung des Arbeitgebers.

 

Welche Möglichkeiten gibt es, den Test als vorgeburtliche Untersuchung außerhalb des gesetzlichen Anspruchs durchzuführen?

Vorsorgliche Untersuchungen, die nicht in die Mutterschaftsrichtlinie (Mu-RL) integriert sind, können unter bestimmten Voraussetzungen als Selbstzahlerleistungen (IGeL) angeboten werden. Über nicht in den Mu-RL enthaltene Untersuchungsmöglichkeiten dürfen Schwangere informiert und beraten werden, wenn diese dem wissenschaftlichen „state of the art“ entsprechen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die informierte Schwangere durch das Untersuchungsergebnis einen individuellen Vorteil haben kann. Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, über die Ziele, die Aussagekraft und die möglichen Folgen einer Untersuchung aufzuklären, zu beraten und ggf. auf den Anspruch auf genetische und psychosoziale Beratung hinzuweisen. Alle vorgeburtlichen Untersuchungen sind freiwillig – das heißt, eine angebotene Untersuchung oder ein Test kann von der Schwangeren selbstverständlich abgelehnt werden.

Zusätzlich zum obligatorischen Infektionsscreening in der Mutterschaftsvorsorge kann die Testung auf Zytomegalie daher vor geplanter Schwangerschaft oder in der Frühschwangerschaft – sofern nicht eine berufliche Gefährdung oder ein klinischer Hinweis auf eine CMV-Infektion bestehen – als Vorsorgemaßnahme nur als Selbstzahlerleistung bzw. individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) angeboten werden.

Einige Krankenkassen bieten über krankenkasseneigene Versichertenprogramme das Screening auf CMV für Schwangere an.

 

Welche Empfehlungen für Schwangere werden bezüglich CMV-Infektionen derzeit in den Praxen weitergegeben?

Hygienemaßnahmen werden als allgemeine Präventionsmaßnahmen allen Schwangeren empfohlen, sie sind Teil der Hygieneberatung von Schwangeren zum Schutz vor maternalen Infektionen.

Ärztinnen und Ärzte können sich bei der Beratung ihrer Patientinnen an medizinisch wissenschaftlichen Leitlinien orientieren. In der „S2k-Leitlinie Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen“ (AWMF Registernummer 093/001) sind grundlegende Informationen zum Zytomegalievirus formuliert – darunter u.a. die Beratung aller Schwangeren zur Kontaktvermeidung mit Urin/ Speichel von Kleinkindern zum Schutz vor maternaler Infektion. Weiterhin ist festgehalten, dass bei Schwangeren mit erhöhtem Risiko für eine CMV-Infektion, vor allem bei Schwangeren mit Kontakten zu Kindern unter drei Jahren, zum Zeitpunkt der Feststellung der Schwangerschaft die Bestimmung des CMV-Infektionsstatus durchgeführt werden.  

Das Patientinnen-Informationsportal „frauenaerzte-im-netz.de“ das vom Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) herausgegeben wird, informiert ausführlich zu den Themen Schwangerschaft und Schwangerenvorsorge, unter anderem auch zu Zytomegalie in der Schwangerschaft und ihren Präventionsmöglichkeiten (https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/zytomegalie-in-der-schwangerschaft/) sowie allgemein zu Infektionserkrankungen während der Schwangerschaft und den Möglichkeiten der Vorbeugung (https://www.frauenaerzte-im-netz.de/schwangerschaft-geburt/infektionen-und-schwangerschaftsspezifische-erkrankungen/).

 

Welche Hygieneregeln sollten werdende Mütter in der Schwangerschaft beachten?

Für das ungeborene Kind ist das Risiko einer Zytomegalieinfektion dann am größten, wenn die Mutter seronegativ ist – also bisher noch keine CMV-Infektion durchgemacht hat. Schwangere, auf das zutrifft und die demnach keine Antikörper gegen das Virus besitzen, sollten bei Kinderwunsch oder einer bereits bestehenden Schwangerschaft unbedingt einige Hygieneregeln konsequent beachten.

  • Häufiger und enger Kontakt zu Kleinkindern sollte – privat wie auch beruflich – vermieden werden – vor allem ein "Face-to-face-Kontakt" sowie der Kontakt mit Speichel und Urin. Auch eigene Kinder sollten möglichst nicht auf den Mund/Wangen geküsst werden.
  • Die gemeinsame Nutzung von Gebrauchsgegenständen wie Besteck, Tassen, Handtücher etc. sollte vermieden werden. Schnuller nicht in den Mund nehmen.
  • Die Essensreste der Kinder sollen nicht verzehrt werden.
  • Nach Windelwechsel, Füttern, Baden, Nase putzen und Berühren von stark bespeicheltem Spielzeug sollte man seine Hände mit Seife unter warmem Wasser waschen.

Frauen, die in Berufen mit engem Kontakt zu Kleinkindern arbeiten (z.B. Erzieherinnen in Kindergärten, Krippen oder Kitas) haben ein erhöhtes Risiko, sich mit CMV zu infizieren. Nach offiziellen Empfehlungen werden Schwangere, die noch keine CMV-Infektion durchgemacht haben, von der beruflichen Betreuung von Kindern unter 3 Jahren freigestellt. Auch bei älteren (z.B. behinderten) Kindern sollten Schwangere nicht bei Tätigkeiten wie Windelwechseln oder zur Unterstützung beim Toilettengang eingesetzt werden.

 

Beschäftigt man sich derzeit wissenschaftlich mit dem Thema?

Fragestellungen rund um Maßnahmen zur Prävention und Behandlung bzw. Vermeidung von kongenitalen CMV-Infektionen, wurden und werden in der Fachwelt auch international diskutiert – dabei wird insbesondere auch die Bedeutung eines Screenings auf eine CMV-Infektion bei schwangeren Frauen betrachtet.

Bislang wurde ein CMV-Screening international aus verschiedenen Gründen nicht empfohlen – etwa, weil es keine wirksame Impfung oder Behandlung gibt, die epidemiologischen Daten unvollständig sind, keine Prognose gestellt werden kann, ob und wie sich eine CMV-Infektion auswirken wird und es keinen Konsens gibt, wie Ärztinnen und Ärzte vorgehen sollen, wenn eine CMV-Infektion in der Schwangerschaft festgestellt wird.

Die Gesellschaft für Virologie e.V. hat im Januar 2023 eine neue deutsche S2k-Leitlinie mit dem Titel: „Diagnostisches und therapeutisches Management der CMV-Primär- und CMV-Nichtprimärinfektion bei Schwangeren und der Folgen von cCMV-Infektionen bei Neugeborenen und Kindern" angemeldet, um neuere Erkenntnisse zu bewerten und Empfehlungen abzuleiten. Die Leitlinie ist für Ende Januar 2025 angekündigt. Nach Angaben des G-BA wird ein Anpassungsbedarf der derzeitigen Bestimmungen der Mutterschaftsrichtlinie auf Basis der neuen Erkenntnisse der Leitlinie geprüft.

 

Quellen und weiterführende Informationen:

  1. Management der kongenitalen Zytomegalievirus-Infektion bei Neugeborenen ... Fortbildung + Kongress; FRAUENARZT 2018 Heft Nr. 5
  2. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Geburt – Mu-RL
  3. Informationen zu Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) des BMG
  4. AWMF Leitlinien-Register: Aktuelle Leitlinien aus dem Fachbereich Gynäkologie und Geburtshilfe