Früherkennung ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Beherrschung von Krebs. Ziel ist die Senkung der Krankheitsbelastung und der Sterblichkeit durch die Entdeckung bösartiger Erkrankungen in einem frühen Stadium. Risiken von Früherkennungsmaßnahmen liegen in den Belastungen durch die Untersuchung selbst, in der Überdiagnostik durch die Abklärung unklarer Befunde und in der Übertherapie durch die Behandlung von Erkrankungen, die im Laufe des Lebens der Betroffenen keine Beschwerden verursacht und nicht zum Tod geführt hätten.
Derzeit gibt es in Deutschland nur wenige, von den Krankenkassen finanzierte Programme zur Krebsfrüherkennung. Sie betreffen Brust-, Darm-, Gebärmutterhals-, Haut- und Prostatakrebs. Darüber hinaus werden aktuell im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ein neues Programm zur Früherkennung von Lungenkrebs mittels Niedrigdosis-Computertomographie und eine Ausweitung der Brustkrebs-Früherkennung vorbereitet.
Ein Hoffnungsträger für die genauere und auch einfachere Krebsfrüherkennung sind Bluttests. Als sogenannte Tumormarker werden sie schon seit mehreren Jahrzehnten eingesetzt. Allerdings war ihre Genauigkeit (Sensitivität und Spezifität) bisher begrenzt, so dass sie zwar zur Verlaufsbeobachtung bei bereits an Krebs erkrankten Patientinnen und Patienten, aber nur sehr eingeschränkt zur Krebsfrüherkennung geeignet sind.
Das könnte sich in der Zukunft ändern. In großen, prospektiven Studien werden neue Marker und neue Methoden getestet. Zum jetzigen Zeitpunkt warnen Krebsspezialisten allerdings vor falschen Erwartungen, die durch die derzeit intensiv beworbenen Krebs-Bluttests geweckt werden könnten. Die Arbeitsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie (PRIO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) hat die Daten dieser EDIM-Tests, die auch bereits von einigen Versicherungen angeboten werden, analysiert. Prof. Dr. med. Jutta Hübner (Jena), Vorsitzende der PRIO, fasst zusammen: „Der EDIM-TKTL1- oder der EDIM-Apo10-Test sind keine Verfahren, die zur Früherkennung, Diagnose, Prognoseeinschätzung oder als Hinweis auf ein mögliches Therapieansprechen empfohlen werden können.“ [1]
Hedy Kerek-Bodden, Vorsitzende des Hauses der Krebs-Selbsthilfe Bundesverband e. V. in Bonn, ergänzt: „Die von den Krankenkassen finanzierte, qualitätsgesicherte Mammographie zur Früherkennung von Brustkrebs wird von weniger als 50 Prozent der eingeladenen Frauen genutzt. Hier müssen wir ansetzen und auf der Basis seriöser Studien und in enger Zusammenarbeit von Selbsthilfe sowie Expertinnen und Experten Überzeugungsarbeit leisten.“ [2]
„Auch bei so häufigen Karzinomarten, wie Brustkrebs sind derartige Bluttests derzeit ohne ausreichende wissenschaftliche Grundlage können Betroffenen außerhalb von Studien durchaus auch schaden“, ergänzt die Vorsitzende der AGO Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie, Prof. Dr. Annette Hasenburg.
Wie wichtig diese seriösen Studien sind, unterstreicht Prof. Dr. med. Hermann Einsele, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.: „Die Krebsfrüherkennung findet in einem wissenschaftlich sehr dynamischen Umfeld statt. So haben wir in den letzten Jahren gelernt, dass viele ältere Menschen im Blut Hinweise auf Erkrankungen wie eine Chronische Lymphatische Leukämie oder ein Multiples Myelom zeigen, sich diese Erkrankungen aber nie entwickeln. Solche Testergebnisse können daher zu großen Ängsten und massiver Verunsicherung führen. Sie müssen immer ganzheitlich und individuell bewertet werden.“
Zum jetzigen Zeitpunkt warnen Expertinnen und Experten für Krebserkrankungen nachdrücklich vor Angeboten, die vor allem auf einem Geschäft mit der Angst beruhen.
Links:
1. Stellungnahme-der-AG-PRIO-in-der_DKG_TKTL1_APPO10_PanTum-Test_2023.pdf
2. Krebsvorsorge und Krebsfrüherkennung | Deutsche Krebshilfe
An der Pressemitteilung sind Expertinnen und Experten der folgenden Fachgesellschaften sowie Patientenorganisationen beteiligt:
- Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft (ADO)
- Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft (AGO)
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
- Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
- Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
- Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG)
- Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO)
- Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN)
- Deutsche Gesellschaft für Senologie (DGS)
- Deutsche Röntgengesellschaft (DRG)
- Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs
- Haus der Krebs-Selbsthilfe Bundesverband
Quelle: