Pressemitteilung |

BVF begrüßt eine mögliche Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, lehnt eine Ausweitung bis zur 22 SSW jedoch entschieden ab

Am 17. Oktober haben 26 Verbände und Organisationen einen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs in der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) äußert sich differenziert zu diesem Gesetzesentwurf. Während der BVF die Bestrebungen zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs grundsätzlich begrüßt, spricht er sich entschieden gegen eine Ausweitung der Frist bis zur 22. Schwangerschaftswoche (SSW) sowie die Abschaffung der Beratungspflicht aus.

Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, Öffnung des selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs bis zur unmittelbaren Grenze der Lebensfähigkeit

Im Fokus des Entwurfs, der federführend von an der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin beteiligten Juristinnen im Auftrag von mehreren Verbänden und Organisationen, erstellt wurde, steht die straffreie Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzes. Der Schwangerschaftsabbruch soll weitestgehend im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden. Der Entwurf sieht vor, dass eine Schwangerschaft auf Wunsch der Schwangeren bis zur vollendeten 22. Schwangerschaftswoche (SSW) p.c. erfolgen kann.

Entschieden lehnt der BVF die Öffnung des selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruchs bis zur unmittelbaren Grenze der Lebensfähigkeit (abgeschlossene 22. SSW p.c./24. SSW p.m.) ab. Die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs jenseits der 13. + 6. SSW stellt für die durchführenden Ärztinnen und Ärzte zum einen medizinisch zunehmend eine anspruchsvollere, zum anderen eine psychisch stark belastende Situation dar. Die 22. SSW p.c. bedeutet, dass die Schwangere im 6. Monat schwanger ist und fast alles am Foetus entwickelt ist. Es hat die Struktur eines Neugeborenen, es ist nur kleiner und fragiler und muss in diesem Stadium lediglich bis zur Geburt an Gewicht zulegen. Bereits zur Vollendung der 22. SSW p.c. ist die Lebensfähigkeit nicht mehr sicher auszuschließen. Unter diesen Umständen einen Abbruch durchzuführen, wird die Bereitschaft von Ärztinnen und Ärzten deutlich einschränken. Die Versorgungssituation, die, durch die Verfasserinnen des Gesetzentwurfs, als nicht ausreichend dargelegt wird, wird sich damit keinesfalls verbessern lassen.

Beratungspflicht soll zum Beratungsrecht werden – Wartezeit soll entfallen

Der Entwurf sieht zudem die Streichung der bisherigen Beratungspflicht und Wartezeit vor. Stattdessen soll ein Beratungsanspruch im Schwangerschaftskonfliktgesetz verankert werden.

Die Streichung der Beratungspflicht und der Wartezeit sieht der BVF kritisch.

Dass die aktuelle Beratungspflicht eine Zugangshürde darstellt, ist für den BVF nicht ausreichend mit Daten belegt. Die bestehende Pflicht gewährleistet zudem, dass besonders vulnerable Gruppen Zugang zu notwendiger Unterstützung erhalten und das Recht diese Beratung auch in Drucksituationen tatsächlich in Anspruch zu nehmen.

Fachärztliche Kompetenz für eine informierte individuelle und sichere Entscheidung

Die Frauenärzte und -ärztinnen haben die Expertise und die Ausbildung, Abbrüche medizinisch sicher durchzuführen und die Patientinnen dahingehend beratend zu unterstützen ihren individuellen Weg zu finden. Dafür ist aber sowohl ein gesetzlicher Rahmen als auch die gesellschaftliche Akzeptanz erforderlich, diesen vorurteilsfrei und rechtssicher durchführen zu können. Im Falle eines Schwangerschaftsabbruches sind Ärztinnen und Ärzte ebenso aktiv beteiligt und damit der gleichen (Belastungs-)Situation ausgesetzt wie die Schwangere selbst. Dies gilt es für alle Beteiligten bestmöglich zu verhindern.

Die beste Maßnahme zur Reduktion von Schwangerschaftsabbrüchen ist die Prävention von ungeplanten und ungewollten Schwangerschaften. Für weitere Forderungen verweist der BVF auf die gemeinsame GBCOG-Stellungnahme aus dem Frühjahr 2024.

Fazit:
Der BVF begrüßt eine mögliche Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Dabei ist es jedoch wichtig, dass alle Aspekte zur Beratungspflicht und insbesondere die Fragen der Frist, wie lange ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden kann, einer ausgewogeneren Betrachtung und Einbeziehung der Betroffenen bedürfen.

Nachdem die Verfasserinnen des Gesetzesentwurfs darauf hinweisen, dass dem Gesetzgeber ein erheblicher Gestaltungsspielraum zusteht, werden sicher die bisher nicht berücksichtigten Aspekte zum Thema Beratungspflicht und vor allem die medizinischen Aspekte bezüglich der Frage, ob und wie lange die Frist zur Durchführung eines Abbruchs ausgeweitet werden sollte, in die Diskussion Eingang finden. Die Einbeziehung der handelnden Akteure in die Beratung wird Grundstein für das Gelingen des Prozesses sein.

Quellen: