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Mutterschaftsvorsorge, Mutterschutz und Schwangere im Berufsleben: Der 28. April ist Welttag für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Mit der Feststellung einer Schwangerschaft in der gynäkologischen Praxis erhalten insbesondere Erstschwangere eine Vielzahl neuer Informationen. Das hat einen guten Grund: Schwangere und ihr ungeborenes Kind sind besonders schutzbedürftig. Die Frauenärztin oder der Frauenarzt klärt daher über Risikofaktoren wie Alkoholkonsum, Rauchen sowie den Umgang mit Haustieren und notwendiger Hygiene zur Vermeidung von Infektionen auf, fragt aber auch explizit die Arbeitssituation ab. In Deutschland werden Schwangere gut betreut und gesetzlich geschützt – auch am Arbeitsplatz gelten besondere Schutzregelungen.

Der Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF) erklärt die Mutterschaftsrichtlinie und das Mutterschutzgesetz und zeigt die Unterschiede zwischen einem ärztlichen und einem betrieblichen Beschäftigungsverbot auf. Denn selbstverständlich suchen Schwangere bei Problemen am Arbeitsplatz oft ihre betreuende Frauenarztpraxis auf.

Zum Vergrößern anklicken: Vergleich zwischen betrieblichem und ärztlichem Beschäftigungsverbot

Gut geregelt: Mutterschaftsrichtlinie und Mutterschutzgesetz

In Deutschland gibt es zum einen die Mutterschaftsrichtlinie (Mu-RL) – eine medizinische Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die die Inhalte der Mutterschaftsvorsorge festlegt. Dazu zählen auch die von der WHO empfohlenen Mindeststandards für die medizinische Versorgung während der Schwangerschaft.
Zum anderen existiert das Mutterschutzgesetz (MuSchG), das schwangere und stillende Frauen vor gesundheitlichen Gefahren, Überforderung und bestimmten Arbeitsbedingungen schützt und Schutzfristen vor und nach der Geburt sowie Vorgaben zur Arbeitsplatzgestaltung beinhaltet.
Beide Regelwerke verfolgen ein gemeinsames Ziel: den Schutz von Mutter und Kind – die Mu-RL durch die medizinische Betreuung, das MuSchG im beruflichen Kontext und während der Ausbildung (Berufsausbildung, Schule und Studium). Das MuSchG hat gleichzeitig zum Ziel, Schwangeren die Fortsetzung ihrer beruflichen Tätigkeit zu ermöglichen. Wenn Schwangeren vorschnell ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen wird, bedeutet das in der Praxis oft ein faktisches Berufsverbot – und das, obwohl es in vielen Fällen Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung gibt. Besonders im medizinischen Bereich zeigen erste Initiativen bereits vorbildlich, wie schwangere Ärztinnen ihren Beruf weiterhin ausüben können.

Bei der Mutterschaftsvorsorge in der Frauenarztpraxis

Die Mu-RL umfasst auch eine sogenannte Arbeits- und Sozialanamnese, bei der die Frauenärztin oder der Frauenarzt gezielt nach der beruflichen Tätigkeit, den Arbeitsbedingungen wie z. B. Schichtarbeit, dem Umgang mit Gefahrstoffen oder körperlich belastenden Tätigkeiten fragt. Diese Informationen sind entscheidend, um individuelle Risiken im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls ein ärztliches Beschäftigungsverbot oder ein vorläufiges Beschäftigungsverbot bei Verdacht auf eine arbeitsplatzbezogene – unverantwortbare – Gefährdung z. B. bis zum Abschluss der fehlenden anlassbezogenen Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber auszusprechen.
Wenn durch die Fortführung der Beschäftigung eine individuelle medizinische Gefährdung für die Gesundheit der Mutter und/oder die ihres Kindes vorliegt, kann die Frauenärztin nach §16 MuSchG ein vorläufiges oder ein ärztliches Beschäftigungsverbot aussprechen – ausschlaggebend ist hier der individuelle Gesundheitszustand der Schwangeren im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit. Handelt es sich jedoch um Gefährdungen, die ausschließlich vom Arbeitsplatz ausgehen, ist das betriebliche Beschäftigungsverbot vorrangig, das vom Arbeitgeber selbst auszusprechen ist.

Pflichten des Arbeitgebers: Gefährdungsbeurteilung

Viele Frauen zögern zunächst, ihre Schwangerschaft am Arbeitsplatz zu melden. Um Gefährdungen für sich und das Kind auszuschließen, sollten sie ihrem Arbeitgeber jedoch möglichst früh informieren. Laut MuSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Schwangerschaft der zuständigen Aufsichtsbehörde zu melden und die bereits vorhandene Gefährdungsbeurteilung nunmehr in Kenntnis der Schwangerschaft individuell für die betroffene Mitarbeiterin anzupassen.
Typische Gefährdungen sind unter anderem:

  • schwere körperliche Arbeit
  • Kontakt mit Gefahrstoffen oder infektiösem Material
  • Nacht- oder Wochenendarbeit
  • hoher Stress oder psychische Belastung

Wird eine Gefährdung festgestellt, muss der Arbeitgeber unverzüglich reagieren: durch Anpassung der Arbeitsbedingungen (z. B. keine Nachtdienste mehr), eine Umsetzung an einen zumutbaren Arbeitsplatz oder – falls beides nicht möglich ist – durch ein betriebliches bzw. generelles Beschäftigungsverbot.

Frauenarztpraxen als erste Anlaufstelle

Frauenärztinnen und Frauenärzte sind vertrauensvolle Begleiterinnen und Begleiter in der Schwangerschaft und damit erste Ansprechpartner bei Fragen oder Problemen – auch im beruflichen Kontext. Liegt ein Sachverhalt dabei im Zuständigkeitsbereich des Arbeitgebers, können sie Schwangeren dennoch weiterhelfen – zum Beispiel durch Hinweise auf die zuständige Aufsichtsbehörde oder durch das Ausstellen eines vorläufigen Beschäftigungsverbots bis zur endgültigen, anlassbezogenen Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Schwangerschaft ist keine Krankheit – aber Schwangere können natürlich krank werden, etwa mit einer Grippe. In solchen Fällen kann eine Ärztin oder ein Arzt eine sogenannte Krankschreibung (AU) ausstellen, bis die Patientin wieder gesund ist. Das gilt insbesondere für Erkrankungen, die zur Arbeitsunfähigkeit führen, jedoch primär nichts mit der Schwangerschaft zu tun haben, bzw. auch ohne eine bestehende Schwangerschaft eintreten könnten.

Quellen:
(1) https://www.aerzteblatt.de/archiv/aerztinnen-sichere-weiterarbeit-in-schwangerschaft-und-stillzeit-4c36ff07-cb66-4a6e-b047-c459c22768a2

Weitere Informationen:

- Halstrick, Claudia: Krankenkassenanfragen zur Arbeitsunfähigkeit und Beschäftigungsverboten in der Schwangerschaft, in: FRAUENARZT 01/2017, S. 10-11.

https://www.g-ba.de/richtlinien/19/

- https://www.gesetze-im-internet.de/muschg_2018/